populäre Klassik

populäre Klassik
populäre Klassik,
 
umgangssprachliche Begriffsbildung für jene Werke und Produktionen aus dem Bereich der artifiziellen Musik, die über einen längeren Zeitraum in der Gunst des Publikums geblieben sind — gemessen letztlich an ökonomischen Größen wie Absatzzahlen der entsprechenden Tonträger, Einschaltquoten einschlägiger Fernseh- und Rundfunksendungen, Kartennachfrage bei Veranstaltungen, Musikalienverkauf. »Klassik« steht dabei nicht für eine musikalisch definierte, historisch abgegrenzte Kategorie, sondern als Gegensatz zu Pop, Rock, Jazz, Folk, zu populärer Musik im engeren Sinne, umfasst pauschal etwa 400 Jahre Entwicklung europäischer Kunstmusik.
 
Schon im Verlaufe des 19. Jahrhunderts wurden ausgewählte klassische Kompositionen in unterschiedlichsten Bearbeitungen in hohen Auflagen von den Musikverlagen angeboten, sind besonders massenwirksame Stücke, Arien und Lieder, aus dem ursprünglichen Werkzusammenhang herausgelöst und einzeln als Schlager vertrieben worden. Doch erst mit der Einführung der CD 1983 und der Durchsetzung der Spartenprogramme in den audiovisuellen Medien begann eine gezielte Vermarktung dieser Musik (interessanterweise lag in Deutschland bis 1991 die Zahl der CD-Produktionen von klassischer Musik über der von Popmusik, deren Käufer wohl nicht zuletzt aus Preisgründen so lange wie möglich an der LP festhielten; trotzdem beträgt weltweit der Anteil der Klassik auf dem Tonträgermarkt nur zwischen 8-10 Prozent). Billig-CDs mit »Klassik-Highlights«, Sampler mit »Das Beste aus der Feder von Bach, Mozart,. ..«, »Die schönsten Opernchöre«, »Ihre Lieblingssinfonie«, »Klassik zum Entspannen«, »Klassik für Kinder« — die Reihe derartiger Titel ließe sich beliebig fortsetzen — sollen den Klassik-Gelegenheitshörer zum Kauf verleiten. Im Unterschied zur kurzlebigen Pop- und Rockmusik handelt es sich hier fast immer um dieselben Komponisten und um dieselben Werke, die wieder und wieder produziert werden. Oft sind es Zweit- oder Drittpressungen aus dem Altrepertoire oder preisgünstige (leider dabei häufig auch qualitativ minderwertige) Produktionen, die zum Angebot kommen.
 
Schon in der Sechzigerjahren entstanden in den USA mit der Durchsetzung des UKW-Rundfunks auf klassischer Musik aufgebaute Programmformate. Sie verbreiteten sich im Zusammenhang mit dem CD-Boom in den Achtzigerjahren als »Klassik-Radio« auch in Deutschland, wobei sich der Programmschwerpunkt in den Hauptsendezeiten auf die »populärer Klassik« verlagerte. Analoge Entwicklungen gibt es in allen europäischen Ländern. Auch die Fernsehproduzenten versuchen den Interessentenkreis für diese Musik anzusprechen (z. B. ZDF-Reihe »Achtung! Klassik!« mit Justus Frantz), Veranstalter werben mit »Populären Sonntagskonzerten« um Besucher, »Klassik Open Air« hat sich in den Sommermonaten als eigener Veranstaltungstyp dafür herausgebildet und erfreut sich wachsender Beliebtheit.
 
Der genaue Grund für die Popularität bestimmter Werke ist schwer aufzufinden. Eingängige Melodik in überschaubarer Formung bildet sicher ein wesentliches Kriterium (etwa in Mozarts »Eine kleine Nachtmusik«). Aber auch der pathetische, großorchestrale Klang, oft noch mit Chor gepaart, scheint ein wichtiger Wirkungsfaktor zu sein (z. B. das »O Fortuna« aus Carl Orffs »Carmina burana«). Leichte Ausführbarkeit (Beethovens »Für Elise«) kann ebenso eine Rolle spielen wie höchste spieltechnische Virtuosität (Tschaikowskys b-Moll-Klavierkonzert). Meist erreichen auch oft nur Ausschnitte oder einzelne Sätze (die »schönen Stellen«) den entsprechenden Grad an Beliebtheit, der etwa auch anhand der Häufigkeit des Einsatzes in Wunschkonzerten nachweisbar ist. Eine verkaufsfördernde, wenn meist auch nur zeitlich begrenzte Rolle spielt der Interpret, insbesondere wenn er nachhaltig in den Medien vertreten ist — Millionenauflagen wie im Popbereich sind dennoch eine Ausnahme, etwa die Produktionen der »drei Tenöre« (José Carreras, Plácido Domingo und Luciano Pavarotti).

Universal-Lexikon. 2012.

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